OmniCult-Founder Marc Fischer über innovative Landwirtschaft
Dürreperioden, Hitzewellen, Starkregen und Stürme – wenn Wetterextreme hierzulande immer häufiger das Klima bestimmen, braucht es kreative Konzepte, um Ernteausfälle zu verhindern.
Die im mittelhessischen Limburg ansässige OmniCult FarmConcept GmbH entwickelt und vermarktet innovative Dünge- und Pflanzenschutzlösungen für einen nachhaltigen Pflanzenbau. Die Produkte helfen Landwirtschaftsbetrieben den immer anspruchsvoller werdenden Voraussetzungen bei der Produktion von Lebensmitteln und Rohstoffen gerecht zu werden und den Ernteertrag nachhaltig zu optimieren.
Geschäftsführer Marc Fischer spricht im Interview über die landwirtschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart und die Rolle von Innovation und Kreativität bei der Entwicklung von Lösungen.
Von den Veränderungen der heimischen Biosysteme durch den Klimawandel ist auch der landwirtschaftliche Anbau von Nahrungsmitteln betroffen. Inwieweit stellt das die landwirtschaftliche Branche vor neue Herausforderungen?
Landwirtschaft bedeutet schon immer Arbeiten mit und in der Natur. Gerade die letzten Jahre zeigen deutlich, wie stark die landwirtschaftliche Produktion von zum Beispiel ausbleibenden Niederschlägen und Wetterextremen beeinflusst wird. Das hat deutschlandweit zu enormen Ernteausfällen geführt – mancherorts fiel die Ernte sogar komplett aus. Sich in den kommenden Jahren auf die Klimaveränderung einzustellen, wird eine der zentralen Herausforderungen für die landwirtschaftliche Produktion sein. Dazu kommen weitere Herausforderungen wie zum Beispiel der zunehmende Wegfall chemischer Pflanzenschutzmittel und die immer strenger werdenden gesetzlichen Rahmenbedingungen rund um das Thema Düngung.
Welche innovativen Lösungen könnt ihr bei OmniCult in dieser Situation anbieten?
Unser Versuchsleiter Matthias hat das letzte Woche gut auf den Punkt gebracht: „Wir bieten für die aktuellen Herausforderungen der Landwirtschaft Lösungen in Form von nachhaltigen Dünge- und Pflanzenschutzprodukten an.“ Wir entwickeln und vermarkten zum Beispiel Produkte, die die Pflanzen vor starker Hitze und hoher Einstrahlung schützen. Wenn weniger gedüngt werden kann, sorgen wir mit effizienteren Düngemitteln dafür, dass mit deutlich weniger Düngemitteleinsatz immer noch der gleiche Ertrag und die gleiche Qualität produziert werden können. Im Hinblick auf die immer geringer werdende Anzahl zugelassener chemischer Pflanzenschutzmittel sorgen wir mit unseren Produkten dafür, dass die Pflanzen möglichst vital und gesund sind, damit sie erst gar nicht krank werden. So kann der Einsatz bzw. die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmitteln deutlich reduziert werden.
Wie hat eure Reise als Unternehmen begonnen und wie seid ihr gewachsen?
Unsere Reise hat 2014 in einer angemieteten Wohnhausetage in Hünfelden begonnen. Wir erzählen heute noch gerne in Bewerbungsgesprächen die Geschichte, als wir mit einem Collegeblock und einem Bleistift auf der Fensterbank angefangen haben zu arbeiten. Das hat sich dann schnell geändert und wir sind Schritt für Schritt gewachsen. Heute sind wir ein Team von rund 20 Personen mit vielen großartigen Ideen und Talenten, die alle dafür brennen, unsere Kunden Tag für Tag dabei zu unterstützen, die aktuellen Herausforderungen in der Landwirtschaft zu meistern.
Woher stammen eureAnsätze für neue Produkte und Innovationen?
Grundlage für die Entwicklung neuer Produkte sind immer die konkreten Herausforderungen, die wir beim Landwirt vor Ort wahrnehmen oder von denen wir glauben, dass sie in der Zukunft auf den Landwirt zukommen werden. Die große Herausforderung hierbei besteht im ersten Schritt gar nicht unbedingt im Entwickeln einer Lösung, sondern darin, eine sich abzeichnende Herausforderung für die Landwirtschaft im Voraus zu erkennen. Dazu braucht man zum einen natürlich Erfahrung und Fachwissen, zum anderen muss man aber auch über den gewohnten Tellerrand hinausschauen. Wir arbeiten hier zum Beispiel sehr erfolgreich mit einem selbst entwickelten System, welches verschiedene Kreativitätstechniken einsetzt und kombiniert. Wir sind davon überzeugt, dass die gezielte Förderung der Kreativität der entscheidende Faktor sein wird, um als Unternehmen in Zukunft erfolgreich am Markt zu agieren. Anders über Dinge nachdenken zu können als andere, wird meiner Meinung nach DER Wettbewerbsfaktor der Zukunft sein. Für die konkrete Entwicklung und Umsetzung haben wir dann einen eigenen Versuchs- und Patentbereich sowie ein breites Netzwerk an Partnern, mit denen wir eng zusammenarbeiten.
Ein Beispiel für eine eurer Entwicklungen ist das Produkt mit dem sprechenden Namen HardRock®. Diese Alternative zu sogenannten Wachstumsreglern findet vor allem im Raps- und Getreide Anwendung. Welche Innovation verbindet sich mit diesem Produkt und wie ist es entstanden?
Sicher sind Sie auch schon mal an einem Getreidefeld kurz vor der Ernte vorbeigefahren und haben sich gefragt ob hier letzte Nacht ein riesengroßes UFO gelandet ist. Dieses Phänomen, wenn das Getreide quasi umfällt, nennt man in der Landwirtschaft „Lager“. Dieses so genannte Lagergetreide lässt sich nur noch sehr schwer ernten, hat oft eine stark verminderte Qualität und weniger Ertrag als Getreide, welches nicht umgefallen ist. Dieses Umfallen von Getreide wird in der Landwirtschaft mit so genannten Wachstumsreglern verhindert. Sie sorgen dafür, dass die Getreidehalme nicht zu lang werden. Der Einsatz von diesen Produkten stellt Landwirte jedes Jahr aber aufs Neue vor große Herausforderungen, denn diese Mittel können leicht überdosiert werden und haben dann einen negativen Einfluss auf den Ertrag. Unser HardRock-Anbaukonzept löst genau dieses Problem. Wir stabilisieren die Pflanze, indem wir die natürlichen Prozesse in der Pflanze anregen, die von Natur aus für Stabilität sorgen. Auf diese Art und Weise kann man den Einsatz von Wachstumsreglern deutlich reduzieren, oft kann sogar vollständig darauf verzichtet werden. Mit der Entwicklung dieses Konzeptes haben wir uns viele Jahre beschäftigt und schließlich haben wir das Ganze zum Patent angemeldet. Für unsere Kunden ist es eine echte Win-Win-Situation: Weniger Grübeln über die Anwendung von Wachstumsreglern und mehr Geld in der Tasche. Denn das Getreide kann zu besseren Preisen am Markt platziert werden, da die Nachfrage an Getreide, welches ohne Wachstumsregler produziert wurde, in den letzten Jahren sehr stark gestiegen ist.
Stichwort Corona: Wie hat sich die Pandemie auf eure Branche im Allgemeinen und auf euer Unternehmen im Besonderen ausgewirkt?
Das lässt sich für die Landwirtschaft nicht pauschal sagen. Die Auswirkungen der Pandemie sind da sehr unterschiedlich, je nachdem welche Absatzwege die produzierten Rohstoffe und Lebensmittel haben. Am Beispiel Kartoffeln sieht man wie unterschiedlich die Auswirkungen der Pandemie sein können. Hat man einen Hofladen und verkauft Kartoffeln an Endkunden, ist der Absatz vermutlich gestiegen bzw. stabil. Produziert man vorwiegend Kartoffeln aus denen Pommes für die Gastronomie hergestellt werden, leidet man sehr unter den Folgen der Pandemie. Ich persönlich habe aber auch das Gefühl, dass die Landwirtschaft durch die Pandemie wieder mehr als die wichtige und systemrelevante Branche wahrgenommen wird, die sie ist. Ich würde mir wünschen, dass das so bleibt und in der Zukunft noch positiver wird.
Für uns als Firma war die Pandemie mit all ihren Folgen natürlich auch eine völlig neue Situation, auf die wir uns aber schnell eingestellt haben. Vor allem der fehlende persönliche Kontakt zu unseren Kunden ist für uns völlig ungewohnt, aber leider im Moment einfach nicht so möglich wie sonst. Wir haben sehr schnell viele Dinge dazu gelernt und umgesetzt, für die wir sonst vermutlich Jahre gebraucht hätten. Gerade für solche Herausforderungen wie die Digitalisierung vieler Geschäftsprozesse hat die Pandemie bei uns als Katalysator gewirkt. Eines steht jetzt schon fest: Wir gehen gestärkt und mit vielen neuen Fähigkeiten aus dieser Situation.
Wagt ihr eine Prognose für die nächsten Jahre: Vor welchen perspektivischen Herausforderungen steht der Pflanzenanbau und wie seid ihr bei OmniCult dafür gerüstet?
Wir glauben, dass die Entwicklung im Bereich Düngung und Pflanzenschutz so rasant weitergehen wird wie bisher. Konkret heißt das: Wir werden mit immer weniger Düngemittel den gleichen Ertrag und die gleiche Qualität produzieren und mit weniger Pflanzenschutzmittel trotzdem ein gesundes Wachstum sicherstellen. Mit diesen Themen beschäftigen wir uns schon seit vielen Jahren in unserer Produktentwicklung. Hier haben wir in den letzten Jahren schon einige Produkte auf den Markt gebracht und stehen gerade auch wieder vor der Einreichung weiterer Patente. Für uns ist jede neue Herausforderung ein neuer Ansporn, eine Lösung zu entwickeln und damit das Leben unserer Kunden wieder etwas einfacher zu machen.
Welche Rolle spielt die Region bzw. der Standort Mittelhessen für euer Unternehmen?
Zuerst einmal fühlen wir uns hier einfach wohl und zu Hause. Der Standort bietet uns zahlreiche Möglichkeiten und muss sich auch vor den bekannteren Wirtschaftsstandorten in Mitteleuropa ganz sicher nicht verstecken. Unser Firmensitz in Limburg bietet uns die Möglichkeit, ganz Deutschland von einem zentralen Punkt aus zu erreichen. Das half uns von Anfang an bei der Logistik, aber auch bei der Betreuung unserer Kunden und Partner vor Ort. Aktuell merken wir auch, dass Mittelhessen ein zentraler Punkt ist, um von hier aus in die ganze Welt zu denken. Wir merken gerade sehr positiv, dass unsere Ideen auch in vielen anderen Ländern der Welt auf großes Interesse stoßen und sehen den Standort als idealen Ausgangspunkt für das Voranbringen unserer Konzepte rund um den Globus. Ein solider und bodenständiger Standort bildet für uns die wesentliche Grundlage, um zum Beispiel mit unserem HardRock-Konzept international zu expandieren.
Dies ist ein Gastbeitrag des Regionalmanagement Mittelhessen. Das Regionalmanagement bildet einen Zusammenschluss aller Handwerkskammern, Hochschulen, Industrie- und Handelskammern, Landkreise, Oberzentren, sowie dem Verein Mittelhessen e.V. Das Regionalmanagement stärkt und vermarktet den Wirtschafts- und Hochschulstandort in der Mitte von Hessen. Das Projekt „Digitalisierung – Gründung – Innovation in Mittelhessen“ wird von der EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert. Neben der Aktivierung des mittelhessischen Gründerpotenzials wird eine Innovationssteigerung des Mittelstands forciert.
Den Originalbeitrag findet ihr hier.
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